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Analyse des ultrastabilen Portfolio von Andreas Beck

  • 21 Kommentare
  • Lesezeit 10 Min.
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Chris

Dipl.-Ing., Developer, #Buy-and-Hold #ETF #Investor, Freelancer

Ultrastabiles Portfolio von Andreas Beck

Ich bin ein großer Fan von dem Unternehmer und Mathematiker Dr. Andreas Beck. Er stellt mit seiner nüchternen und wissenschaftlich fundierten Art ähnlich wie Dr. Gerd Kommer extrem gute Inhalte kostenlos zur Verfügung.
In diesem Artikel möchte ich mir das ultrastabile Portfolio von Andreas Beck genauer anschauen und analysieren.

Mit Dr. Andreas Beck existieren bereits einige interessante Videos im Netz. Ich möchte hier nur einzelne exemplarisch zum Einstieg nennen:

Was ist das ultrastabile Portfolio von Andreas Beck?

Seine neueste, sehr lesenswerte Publikation ist das Whitepaper “Erfolgreich wissenschaftlich investieren”, das kostenlos als PDF auf seiner Website zum Download angeboten wird.
Die Strategie von Dr. Andreas Beck sind ultrastabile Portfolios, diese drehen sich um die Frage:

„Was ist das risikoärmste Wertpapierdepot für sehr lange Fristigkeiten?“

Grob zusammengefasst wird mit dem ultrastabilen Portfolio von Dr. Andreas Beck die Strategie verfolgt, möglichst breit in den Aktienmarkt (“Welt AG”) zu investieren und in Nicht-Krisenzeiten 20% Liquiditätspuffer in sicheren Staatsanleihen zur Verfügung zu halten. Die Gewichtung weicht mittels eines Gleichwertindex von einer reinen Gewichtung nach Marktkapitalisierung ab, um eine Konzentration auf Einzelwerte zu vermeiden und stärker nach dem Anteil der Unternehmensgewinne zu gewichten.
Bis hierhin ähnelt die Strategie meiner Meinung nach noch relativ stark dem bekannten Weltportfolio-Ansatz von Gerd Kommer.

In Krisenzeiten wird dann allerdings nicht das Risiko durch den Verkauf von Aktien verringert, sondern im Gegenteil antizyklisch je nach Marktphase bis zu 100% der gehaltenen Staatsanleihen investiert. Dies wird damit begründet, dass gerade in der Krise die Eigenkapitalkosten der Unternehmen steigen und sich damit langfristig attraktivere Renditechancen ergeben.
Im klassischen Portfoliomanagement ist es dagegen in der Regel so, dass in Marktphasen mit einer hohen Volatilität der Aktienanteil reduziert wird, um das Risiko zu senken. Dies hat man in der Corona-Krise im März 2020 auch sehr schön zum Beispiel am Verhalten des Riester-Anbieters fairr sehen können.

Eine Krise soll dabei dadurch gekennzeichnet sein, dass Investoren den Unternehmen kein Eigenkapital bzw. nur zu deutlich höheren Kosten zur Verfügung stellen. Die Krise wird dabei nicht antizipiert oder vorhergesagt, sondern diese kann über konkrete KPIs wie der Volatilität und dem Spread zwischen A- und BBB-Anleihen gemessen werden.

Zur ausführlichen Funktionsweise ultrastabiler Portfolios sei an dieser Stelle auf die entsprechende Kurzstudie „Ultrastabilität – Anlagestrategie für die Lange Frist“ vom Institut für Vermögensaufbau und Index Capital, 2019 verwiesen.

Global Portfolio One Kritik

Konkrete, praktische Umsetzung findet sich diese Theorie in Andreas Beck’s Fonds „Global Portfolio One“ (WKN: A2PT6U).
Als Kritik am GPO könnte man einerseits die um ca. 0,5 Prozentpunkte höheren Kosten im Vergleich zu einem – relativ einfachen – Selbstbau des Portfolios anführen. Auch wenn der Betrag erst einmal nicht hoch klingt, wissen wir doch, dass dies über einen entsprechend langen Anlagehorizont durchaus zu stattlichen Summen werden kann.
Allerdings muss man hierbei natürlich auch berücksichtigen, dass man selbst das entsprechende Rebalancing durchführen und in der Lage sein muss, regelbasiert antizyklisch zu investieren.

Ein weiterer Kritikpunkt, der natürlich allgemein für durch aktive Fondsmanager verwaltete Fonds gilt: die Zusammensetzung und Strategie können sich jederzeit ändern. Dies hat sich auch kürzlich in der Aufnahme eines kleinen Gold-Anteils gezeigt. Der Fondsmanager kann im Rahmen der Fondsrichtlinien beliebig über die Zusammensetzung entscheiden. Wem das nicht gefällt, der muss das Portfolio selbst nachbauen.

Aufgrund der relativen kurzen Laufzeit des GPO (zumindest für den Retail-Fonds) gibt es natürlich auch noch relativ wenige Krisen, in denen der Fonds seine Stärken ausspielen konnte.

Portfolio-Analyse

In dem Portfolio in seinem aktuellen Whitepaper kombiniert Dr. Andreas Beck diverse Indizes auf den S&P 500, MSCI USA, MSCI Europe, MSCI Japan, MSCI Emerging Markets sowie auf Small Caps für den risikobehafteten Teil (“die Welt AG”) seines Global Portfolio One für Nicht-Krisenzeiten (Stand 31.12.2020, siehe Whitepaper “Erfolgreich wissenschaftlich investieren”, Dr. Andreas Beck, Seite 26).

Zur weiteren Analyse bilden wir dieses Portfolio als Erstes in R ab. Hierzu laden wir die einzelnen Index-Daten von der jeweiligen Website der Anbieter. Glücklicherweise stehen diese in allen Fällen kostenlos zur Verfügung. Auf den genauen R-Code zum Download und Einlesen der Daten von den jeweiligen Websites gehe ich hier der Einfachheit halber nicht ein, ihr findet den kompletten Source Code aber auf Github.

riskyShare <- 0.795 # share of risky assets in portfolio
portfolio <- bind_rows(
  vanguard_sp500 %>% mutate(Weight = 0.124/riskyShare*Weight),
  sp_500 %>% mutate(Weight = 0.092/riskyShare*Weight),
  msci_usa %>% mutate(Weight = 0.098/riskyShare*Weight),
  russell_2000 %>% mutate(Weight = 0.064/riskyShare*Weight),
  msci_canada %>% mutate(Weight = 0.028/riskyShare*Weight),
  msci_europe %>% mutate(Weight = 0.066/riskyShare*Weight),
  europe_stoxx600 %>% mutate(Weight = 0.073/riskyShare*Weight),
  msci_europe_small_cap %>% mutate(Weight = 0.027/riskyShare*Weight),
  msci_japan %>% mutate(Weight = 0.07/riskyShare*Weight),
  msci_japan_small_cap %>% mutate(Weight = 0.011/riskyShare*Weight),
  ftse_asia %>% mutate(Weight = 0.037/riskyShare*Weight),
  msci_emerging_markets %>% mutate(Weight = 0.105/riskyShare*Weight),
)

Außerdem lege ich noch unser Beispiel-Portfolio als Referenz an, um die beiden Portfolios später miteinander vergleichen zu können.

Im Folgenden möchte ich dieses ultrastabile Portfolio nun etwas genauer hinsichtlich 2 Aspekten untersuchen:

  1. Gibt es Überschneidungen oder eine Konzentration auf einzelne Aktien im Portfolio?
  2. Welche Länder sind wie stark gewichtet?

Als Hinweis sei vorab gesagt, dass sich das Portfolio natürlich auch mit jedem anderen beliebigen ETF auf diese Indizes nachbilden lässt. Einige kurze Checkliste für ETFs habe ich bereits in einem weiteren Artikel behandelt.

Überschneidungen im Global Portfolio One von Andreas Beck

In einem meiner vorherigen Blog-Posts zum Thema Überschneidungen prüfen haben wir zusammen ein R-Script entwickelt, das die Überschneidungen in einem Portfolio analysieren kann. Lies Dir den Artikel am besten noch einmal durch und lade die Libraries und die Funktionen in RStudio.

Wenden wir dieses Script also einmal auf das Global Portfolio One von Dr. Andreas Beck an:

basePortfolio %>% 
  select("ISIN", "Weight", "Name") %>% 
  rename("Base Weight" = "Weight") %>%
  full_join(portfolio, by="ISIN") %>%
  filter(ISIN != "-") %>% 
  group_by(ISIN) %>% 
  summarise(Weight = sum(Weight, na.rm = TRUE), "Base Weight" = first(`Base Weight`), Name = first(Name.x), Count=n(), Index = toString(sort(unique(Index)))) %>%
  mutate(Diff = `Weight`-`Base Weight`) %>%
  arrange(desc(abs(Diff)))

Als Ausgabe erhalten wir die Gewichtungen der einzelnen Aktien im Portfolio im Vergleich zu unserem 70-30 Referenz-Portfolio:

# A tibble: 6,991 x 7
   ISIN         Weight `Base Weight` Name                      Count Index               Diff
   <chr>         <dbl>         <dbl> <chr>                     <int> <chr>              <dbl>
 1 US0378331005  1.46          2.81  APPLE INC                     2 MSCI USA, S&P 500 -1.35 
 2 TW0002330008  0.881         2.00  TAIWAN SEMICONDUCTOR MFG.     1 MSCI EM           -1.12 
 3 KYG875721634  0.817         1.86  TENCENT HLDGS.                1 MSCI EM           -1.04 
 4 US5949181045  1.21          2.19  MICROSOFT CORP                2 MSCI USA, S&P 500 -0.978
 5 US01609W1027  0.747         1.70  ALIBABA GR.                   1 MSCI EM           -0.950
 6 US0231351067  0.955         1.78  AMAZON COM INC                2 MSCI USA, S&P 500 -0.823
 7 KR7005930003  0.549         1.25  SAMSUNG ELECTRONICS           1 MSCI EM           -0.698
 8 US30303M1027  0.445         0.84  FACEBOOK CLASS A INC          2 MSCI USA, S&P 500 -0.395
 9 US02079K1079  0.430         0.812 ALPHABET INC CLASS C          2 MSCI USA, S&P 500 -0.382
10 US02079K3059  0.434         0.805 ALPHABET INC CLASS A          2 MSCI USA, S&P 500 -0.371
# … with 6,981 more rows

Wir sehen im Ergebnis in der Spalte Diff, dass vor allem die nach Marktkapitalisierung hoch bewerteten Aktien wie Apple, Microsoft, Amazon, Alibaba und Tencent ein geringeres Gewicht als in unserem Referenz-Portfolio (Spalte Base Weight) erhalten. Der Anteil von Apple z.B. verringert sich im Global Portfolio One um 1.35%.

Durch die Kombination der einzelnen Indizes macht ein Vergleich auf Ebene der Einzel-Aktien wie man sieht nur bedingt Sinn. Schauen wir uns daher im nächsten Schritt die Gewichtungen der einzelnen Regionen an.

Verteilung der Regionen im Vergleich zu BIP und Marktkapitalisierung

Ein wesentliches Merkmal des Portfolios von Dr. Andreas Beck ist, dass die Verteilung nach Regionen nach einem Gleichwertindex erfolgt, das die marktkapitalisierte Zusammensetzung des globalen Aktienmarktes nivelliert. Die genaue Vorgehensweise dazu wird in der oben verlinkten Kurzstudie beschrieben.

Im Folgenden möchte ich daher einmal die Portfolio-Gewichtungen des ultrastabilen Portfolios mit der Gewichtung nach BIP und nach Marktkapitalisierung vergleichen. Auch hierfür habe ich bereits Code in R erstellt, den ihr vorab noch einmal ausführen solltet.

Für das Global Portfolio One sieht die Analyse mit Verknüpfung der BIP-Daten der Weltbank wie folgt aus.
Wir kommen zu dem Ergebnis in 2 Schritten, indem wir zuerst für das ultrastabile Portfolio sowie für unser 70-30 Referenz-Portfolio die Gewichte pro Region berechnen:

portfolio_weights <- portfolio %>% 
  select(Country, `Weight`) %>%
  group_by(Country) %>%
  summarise(EEM = sum(`Weight`, na.rm = TRUE)) %>%
  filter(EEM > 0)

basePortfolio_weights <- basePortfolio  %>% 
  select(Country, `Weight`) %>%
  group_by(Country) %>%
  summarise(base_percent = sum(`Weight`, na.rm = TRUE)) %>%
  filter(base_percent > 0)

Für den Vergleich mit der reinen Marktkapitalisierung nehmen wir zusätzlich noch ein simples MSCI ACWI Portfolio:

acwiPortfolio_weights <- acwiPortfolio  %>% 
  select(Country, `Weight`) %>%
  group_by(Country) %>%
  summarise(mcp_percent = sum(`Weight`, na.rm = TRUE)) %>%
  filter(mcp_percent > 0)

Anschließend verknüpfen wir diese 3 Gewichts-Matrizen mit den BIP-Daten der Weltbank über eine Join-Operation:

left_join(portfolio_weights, basePortfolio_weights,  by="Country") %>%
  left_join(acwiPortfolio_weights, by="Country") %>%
  select("Country", "EEM", "base_percent", "mcp_percent") %>%
  left_join(world_bank_data, by="Country") %>%
  group_by(Country) %>%
  summarise(EEM = sum(EEM), gdp_percent = sum(gdp_percent), base_percent = sum(base_percent), mcp_percent = sum(mcp_percent), country_name = first(`Country Name`)) %>%
  mutate(diff_gdp = (EEM - gdp_percent)/gdp_percent*100, diff_mcp = (EEM - mcp_percent)/mcp_percent*100) %>%
  arrange(desc(EEM))

Et Voila – das Ergebnis der tatsächlichen Gewichtung im Global Portfolio One (Spalte EEM) vs. der Gewichtung des jeweiligen Landes nach BIP (Spalte gdp_percent) vs. der Gewichtung nach Marktkapitalisierung (Spalte mcp_percent):

# A tibble: 66 x 8
   Country   EEM gdp_percent base_percent mcp_percent country_name   diff_gdp diff_mcp
   <chr>   <dbl>       <dbl>        <dbl>       <dbl> <chr>             <dbl>    <dbl>
 1 USA     46.9       24.4          46.6        58.0  United States     92.0    -19.2 
 2 JPN     10.2        5.79          5.10        6.22 Japan             75.7     63.5 
 3 GBR      4.81       3.22          3.02        3.71 United Kingdom    49.2     29.6 
 4 CHN      4.60      16.3          10.5         4.13 China            -71.8     11.5 
 5 CAN      3.55       1.98          2.22        2.81 Canada            79.6     26.4 
 6 KOR      3.36       1.88          4.13        1.76 Korea, Rep.       79.2     91.0 
 7 FRA      3.20       3.09          2.37        2.94 France             3.38     8.76
 8 CHE      2.92       0.801         1.94        2.42 Switzerland      264.      20.5 
 9 DEU      2.83       4.40          2.01        3.11 Germany          -35.7     -9.06
10 AUS      1.86       1.59          1.50        1.83 Australia         17.2      1.84
# … with 56 more rows

Die Liste ist absteigend sortiert nach dem absoluten Gewicht im ultrastabilen Portfolio (Spalte EEM).
D.h. beispielsweise die USA sind im ultrastabilen Portfolio +92% stärker gewichtet gegenüber der reinen BIP-Gewichtung und entsprechen daher eher einer Gewichtung in unserem 70-30 Beispiel Portfolio (Spalte base_percent). Gegenüber der reinen Marktkapitalisierung (Spalte mcp_percent) ist die USA im ultrastabilen Portfolio um 19.2% unterrepräsentiert (Spalte diff_mcp).
Interessant ist auch, dass das Exposure für Japan mit 10,2% deutlich stärker als nach BIP gewichtet ist und auch stärker als nach Marktkapitalisierung (+63,5%).
China ist in Beck’s Portfolio entsprechend der Marktkapitalisierung gewichtet und gegenüber einer BIP-Gewichtung (-71,8%) und unserem 70-30 Portfolio untergewichtet.

Im Großen und Ganzen entspricht dies ja auch genau dem Ansatz, des ultrastabilen Portfolio von Andreas Beck (Kurzstudie, Seite 15):

Das Aktienportfolio orientiert sich grundsätzlich am MSCI All Country World Investable Market Index, wobei das ultrastabile Aktienportfolio die Marktkapitalisierung der einzelnen Regionen um deren aktuellen Bewertung im Sinne des Kurs/Gewinn-Verhältnisses und des Kurs/Buchwert-Verhältnisses korrigiert, so dass sehr hoch bewertete Kapitalmärkte wie z. B. aktuell der Amerikanische etwas untergewichtet und Märkte mit niedrigeren Bewertungen wie z. B. aktuell der Europäische etwas übergewichtet werden und insgesamt eine ausgewogenere regionale Zusammensetzung entsteht, als dies bei einer reinen Gewichtung nach der Marktkapitalisierung der Fall wäre.

Und jetzt ihr: wie sind Eure Erfahrungen mit dem Global Portfolio One (GPO)? Warum habt ihr Euch dafür oder dagegen entschieden?
Schreibt es mir gerne in die Kommentare unten.

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Disclaimer: Meine kostenlosen und freien Recherchen stellen meine persönliche Meinung dar und sind in keinster Weise eine Anlageempfehlung. Sie werden mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt, aber sie können trotzdem ganz oder teilweise falsch sein. Daher übernehme ich keinerlei Haftung für Anlageentscheidungen, die auf Basis der hier vermittelten Informationen getroffen werden. Des Weiteren erhebt diese Website keinen Anspruch auf Vollständigkeit, Richtigkeit und Aktualität.

21 Gedanken zu „Analyse des ultrastabilen Portfolio von Andreas Beck“

  1. Avatar-Foto

    Hi Chris,
    cooler Artikel mit Code Snippets zum selbst Nachprogrammieren!
    Hab immer mal wieder vorbeigescheit, ob der Code schon auf Github verfügbar ist. Mittlerweile scheint der Github Link nicht mehr zu funktionieren. Wäre sehr an dem Code interessiert. Hast du den Code woanders hochgeladen?
    Danke

  2. Avatar-Foto

    Hallo Chris,
    zunächst mal Glückwunsch zu deinen wissenschaftlichen Betrachtungen und Analysen auch hinsichtlich des GPO Portfolio von Dr. Andreas Beck (im Folgenden kurz AB).
    Ich halte den GPO Ansatz mit dem Managen von messbaren Krisen und antizyklischem prognosefreien Investieren für einen genialen Portfolio Ansatz im Dschungel bzw. Haifischbecken der Finanzwelt.
    Meine Anmerkungen sind folgende:

    Aufbau bzw. der Nachbau der „Welt AG“ im Aktienteil
    ============================================
    Ich habe sehr viele Videos von Andreas Beck gesehen. Was er etwas außer Acht lässt ist die Frage des individuellen Anlagehorizonts. Das GPO ist, wenn ich es richtig verstanden habe, ursprünglich für Unternehmerfamilien konzipiert worden. Wir sprechen hier also von einer Anlagedauer über Generationen hinweg. Die Rendite wird hier maßgeblich über den Faktor Zeit und den Zinseszinseffekt generiert. Wenn man (wie in meinem Fall) einen Anlagezeitraum von „nur“ 15 bis max. ca. 20 Jahren anstrebt, würde man der m.E. bei der Konstruktion des Aktienanteils nach dem Gleichwertprinzip zu viel Rendite liegen lassen. Den BIP Ansatz bei der regionalen Gewichtung hat Herr Beck selbst in den Videos kritisch gesehen, da es keinen nachweislichen Zusammenhang zwischen BIP und Aktienmarktperformance einer Region gibt. Daher ist der Gleichwertansatz schon besser. Laut Beck bewegt sich die regionale Gewichtung nach dem Gleichwertprinzip (mittels KGV und KBV) irgendwo zwischen Marktkapitalisierung und BIP-Methode.
    Daher möchte hier mal meinen Ansatz bei der Konstruktion der „Welt AG“ kurz vorstellen:
    Basis ist ein modifizierten MSCI World (kapitalgewichtet), wobei die Nachteile und Risiken eines MSCI World (keine EM , keine Small Caps, „nur“ in ca. 1600 Unternehmen real investiert, sehr US-lastig, hoher Anteil der Top 10, Anlagestil ehr „growth“ als „value“) moderat abgeschwächt werden.
    Heraus kommt folgendes Portfolio (Keine Anlagempfehlung !):

    AKTIEN 80% (alle ETFs thesaurierend und physisch replizierend):

    • 40% Vanguard FTSE Developed World (mit 2 Emerging Markets nach MSCI Definition: Südkorea und Polen)
    • 10% Xtrackers World Quality
    • 10% Xtrackers World Value
    • 6% Xtrackers MSCI USA
    • 3% Ishares S&P Information Technology
    • 3% Ishares MSCI India
    • 4% Xtrackers MSCI Taiwan
    • 4% Ishares World Small Cap

    ANLEIHEN 20% (alle ETFs thesaurierend):

    • 10% iShares $ TIPS
      (inflationsindexierte Anheilen USA , AAA Rating, gemischte Laufzeiten)
    • 10% iShares € Inflation Linked Government Bond
      (inflationsindexierte Anheilen Europa, Eurozone (Investment Grade Rating, gemischte Laufzeiten)

    Wenn man den Aktienanteil des Portfolios hinsichtlich seiner Zusammensetzung zerlegt und analysiert (hier: extraETF Finanzmanager) erhält man folgendes Ergebnis verglichen mit dem IShares Core MSCI World:

    1. Der regionale Anteil Nordamerika (USA, Kanada) wird von ca. 71% auf 63% gesenkt)
    2. Der regionale Anteil Asia/Pacific wird von knapp 10% auf ca. 18% erhöht.
    3. Der Anteil Emerging Markets wird von 0% auf knapp 10% erhöht
    4. Der Anteil Small Caps wird von 0% auf knapp 3% erhöht
    5. Der Anteil an der Marktkapitalisierung durch Top 10 Positionen (Einzeltitel) wird von knapp 20% auf ca. 16% gesenkt.
    6. Der Anlagestil ist ausgewogen hinsichtlich „Value“ Unternehmen und „Growth“ Unternehmen
    7. Es wird anstatt in „nur“ ca. 1.600 Unternehmen (MSCI World) in ca. 5.800 Unternehmen real investiert

    Bei flüchtiger Betrachtung sieht es so aus, als ob es unnötige und sinnlose Überschneidungen im Portfolio gibt.
    Ein Unternehmen wie Apple beispielsweise ist in gleich 4 ETFs enthalten (Vanguard, USA, Quality und S&P Info Tech.) Der Grund ist klar: Apple ist Nr.1 bei der Marktkapitalisierung, Nr. 1 im USA Index, ist ein „Qualitätsunternehmen“ und es ist ein Tech Konzern). Unter dem Strich ist Apple im Portfolio aber sogar mit 0,5% geringer gewichtet als im rein marktkapitalisierten Ishares Core MSCI World.

    Die Blasen und Klumpen Risiken des MSCI World werden moderat gesenkt. Schaut man sich nur das Aktien-Portfolio im Backtest über verschiedene Zeiträume an (vs. MSCI World) ergibt sich eine um ca.0,5% p.a. bessere Rendite bei deutlich verminderter Volatilität. In den Zeiträumen ist die Corona Krise und die Ukraine Krise enthalten.
    0,5% p.a. klingt nach nicht viel, macht aber bei einem Anlagebetrag > 100.000 EUR und 15-20 Jahren Anlagedauer einen beträchtlichen Unterschied. Das Portfolio bestehend aus 8 Aktien ETFs stellt eine Art „Welt AG“ dar, überwiegend nach Marktkapitalisierung gewichtet mit sog. „Faktor Tilt“ (wissenschaftlich gesicherte Smart Beta Faktoren: „Quality“, „Value“ und „Small Caps“)

    Die Kosten (TER) des Aktienanteils liegen bei 0,21% p.a., das Gesamtportfolio mit Anleihen liegt bei TER 0,19%. p.a.

    Die Konstruktion beinhaltet zugegebenermaßen 2 spekulative Komponenten, die dem mittleren Anlagehorizont geschuldet sind.
    1. Durch den S&P 500 Information Technology ETF wird die ohnehin hohe Gewichtung des Tech-Sektors noch einmal moderat erhöht.
    2. Bei den Emerging Markets wurde etwas „Rosinenpickerei“ betrieben. Die Länder Indien und Taiwan sind m.E. die einzigen EM mit historisch guter Performance und moderatem geopolitischen Risiko. Die anderen EM Länder kann man wohl auch die nächsten 10-15 Jahre komplett vernachlässigen (allen voran Russland, China, Afrika, Südamerika, Osteuropa). Korea und Polen sind im Vanguard ETF enthalten. Die meisten Standard Emerging Markets ETFs haben eine unvorteilhafte Zusammensetzung und die letzten Jahre extrem schlecht gelaufen.
    Wie bereits erwähnt sehe ich dieses Portfolio als geeignet an bei einem Anlagehorizont von ca. 15 Jahren ab jetzt. Im Backtest ist das von mir konstruierte Portfolio auch deutlich effizienter als die die von AB vorgeschlagene Nachbaulösung des GPO (TER bei 100% Aktien in etwa gleich): 70% MSCI ACWI ETF + 10% MSCI World Small Cap ETF

    Für die Steuerung des Portfolios nutze ich folgende Vorgehensweisen:
    1. Rebalancing (immer wenn ein oder mehrere ETFs mehr als 5% von ihrer Sollgewichtung abweichen, relativ zu ihrer Gewichtung im Portfolio)
    2. Krisenmanagement nach der Methode von Andreas Beck

    Noch eine letzte Anmerkung zu den 3 Parametern bzw. Indikatoren für das Erreichen einer Krise (bzw. Regimewechsel)
    1. Kurs Weltaktienindex fällt 20% unter das 3 Jahres Hoch (1. Stufe Regime A zu B)
    2. Aktienmarkvolatilität (Monat) beträgt das 1,5 fache der langfristigen Aktienmarktvolatilität
    3. Ausweitung der Risikoprämien für Unternehmensanleihen
    Dieser Ansatz zum Messen einer Krise mag wissenschaftlich korrekt und erwiesen sein, für den „Hausgebrauch“ und Privatanleger ist er in dieser Form aber zu kompliziert und nicht sonderlich praktikabel:
    Zunächst ist das Kriterium Nr. 3 nicht quantifiziert (was bedeutet „signifikante Ausweitung“ bei den Unternehmensanleihen ??)
    Kriterium Nr. 2 „Volatilität“: Wie genau ist die Langzeitvolatilität definiert (3 Jahre ?, 5 Jahre ?)
    Wenn man sich den Zeitraum ansieht in welchem die Krisenparameter während der Corona Krise gegriffen haben, ergibt sich folgendes Bild (Quelle: u.A. GPO White Paper):
    Aktienkurse: MSCI World oder MSCI ACWI 20% unter 3 Jahres Hoch am 09.03.2020
    Volatilität: Der CBOE Volatility Index (VIX) hatte sein Maximum am 16.03.2020
    Signifikante Ausweitung der Risikoprämien am 15.03.2020
    Umschichtung von 10% der Investitionsreserve am 20.03.2020 (Regimewechsel)
    Historisch betrachtet war tatsächlich der beste Tag für die Umschichtung der 20.03.2020. Ab diesem Tag ging die Aktienperformance stetig bergauf. Die Zeitspanne vom 15.03.2020 bis zum 20.03.2020 wird im Whitepaper erklärt.

    Wie auch immer:
    Die 3 Indikatoren für den ersten Regimewechsel (zum 2. kam es ja nicht) haben bei der Corona Krise innerhalb von 10 Börsentagen „angeschlagen“.
    Ob man jetzt am 15.03. oder 20.03 oder dazwischen umgeschichtet hätte spielt für die langfristige Performance definitiv keine große Rolle. Am 17.03. hätte man erkannt, dass der VIX Index sein Maximum erreicht hat und wenn die Umschichtung somit am 17.03. oder am 18.03. erfolgt wäre, hätte man sicherlich keinen folgenschweren Fehler begangen. Insofern hätten die 2 Parameter „Kursverlust“ und „Anstieg der Volatilität“ ausgereicht um den Regimewechsel zu erkennen und die Umschichtung vorzunehmen. Der Parameter „Ausweitung der Risikoprämie“ ist für einen Nicht-Profi schwer zu erkennen, da er wie bereits gesagt auch nicht quantifiziert und somit schwer zu ermitteln ist.

    Lieber Chris, ich würde sich sehr über einen Kommentar zu meinem Beitrag sehr freuen.
    Vielen Dank im Voraus
    Beste Grüße
    Thomas

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      Servus Thomas,

      wow, vielen Dank für Deinen mega ausführlichen und inhaltlich wertvollen Kommentar auf meinem Blog!

      Im Folgenden gebe ich Dir zu einigen Punkten meinen Senf dazu, aber natürlich ist das nur meine persönliche Sichtweise, keine Anlageberatung und weder falsch oder richtig 😉

      Das GPO ist, wenn ich es richtig verstanden habe, ursprünglich für Unternehmerfamilien konzipiert worden.

      Es ist definitiv für „die lange Frist“. Hier muss Andreas Beck ja auch die Brille eines Fondsmanagers aufhaben und da gibt es nun mal kein Anfang und Ende, sondern nur Kapitalzu- und -abflüsse.

      Wenn man (wie in meinem Fall) einen Anlagezeitraum von „nur“ 15 bis max. ca. 20 Jahren anstrebt, würde man der m.E. bei der Konstruktion des Aktienanteils nach dem Gleichwertprinzip zu viel Rendite liegen lassen.

      Ich würde dreist behaupten, dass es keinen großen Unterschied macht und wenn doch, dass man dies vorher nicht wissen kann. Es gibt für beide Ansätze valide Punkte, ich denke aber für Privatanleger tut es auch die (einfachere) Gewichtung nach Marktkapitalisierung völlig. Alles andere ist aus meiner Sicht unnötige Überoptimierung (die man aber natürlich machen kann, wenn man da Spass dran hat und etwas lernen will ;-)).

      Deinen vorgestellten Portfolio-Ansatz finde ich auf jeden Fall sehr spannend, ich werde dies mal mit meinem Python/R-Code noch etwas genauer bzgl. der Zusammensetzung untersuchen. Ich kann Dir gerne hier ein Update dann dazu geben.

      Bzgl. der Krisenindikatoren hast Du natürlich Recht, das habe ich in meinem Blog-Artikel zu den Indikatoren auch festgestellt. Hier bleibt ein gewisser Spielraum, allerdings zeigte sich in der Vergangenheit, dass meistens alle 3 Indikatoren recht gleichlaufende/übereinstimmende Ergebnisse liefern, somit sind die Faktoren 2. und 3. meist nur eine Bestärkung des 1. (20% ATH MSCI ACWI).
      Taggenau wird man sowieso nichts treffen und das weiß man dann auch erst im Nachhinein, das schreibst Du ja auch. Die Indikatoren sind eher als allgemeine Abschätzung zu verstehen, die sich aber im Vergleich zu manch anderen (z.B. relativer Kurseinbruch, Sentiment, Bad News, etc.) relativ gut quantifizieren lassen (siehe auch mein Portfolio Performance Dashboard im verlinkten Artikel).

      Viele Grüße,
      Chris

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    Servus,
    echt cooler Artikel, vielen Dank dafür.
    Zum Herumspielen fehlt nur noch der Source-Code, kommt der noch? 🙂

    Auch beim Berechnen der ETF-Überschneidungen wäre ich persönlich ein Freund von einer offline open-source Lösung, so dass man auch in 10-15 Jahren noch sein Portfolio damit analysieren kann.
    Für den typischen Anleger ist eine praktische Webanwendung natürlich besser.

    Viele Grüße
    Alex

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      Servus Alex,

      vielen Dank für Dein Feedback!

      Ja, ich habe auch lange überlegt, wie ich das Tool/den Code am besten publishe, um einerseits eine möglichst hohe Transparenz zu erreichen und andererseits aber auch eine einfache Handhabung für die User. Da war für mich die Web-App der beste Kompromiss – auch hinsichtlich Updates, Wartbarkeit, etc.
      Wenn sich aber genügend Anhänger einer Standalone-Lösung finden, könnte ich ggfs. das Python-Backend auch als separate, lokale Applikation auf Github veröffentlichen.

      Den Code für diesen Artikel veröffentliche ich auf jeden Fall noch auf Github, sorry ich bin einfach noch nicht dazu gekommen.

      Viele Grüße,
      Chris

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  4. Pingback: Asset Allocation ETF einfach erklärt mit Beispielen

  5. Avatar-Foto

    Danke für die interessante Analyse. Die wichtigste Frage ist allerdings aus meiner Sicht nicht erläutert, die Frage nach der Performance. Die Performance des GPO vs MSCI World ist bei einem Investment in das GPO zum Zeitpunkt 01/2021 schlechter als die des MSCI World. Wieso sollte ich als performance orientierter Kunde dann in das GPO investieren? Um weniger Ausschlag des Kurses in Krisenzeiten zu beobachten?

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      Hi,

      das ist richtig, in diesem Artikel ging es mir mehr um die Zusammensetzung des GPO.

      Über die Performance mache ich vielleicht noch einmal einen separaten Artikel.
      Aus meiner Sicht muss man den GPO sinnvollerweise mit einem 80/20-Portfolio vergleichen.

      Eine interessante Analyse gibt es dazu auch von Georg auf Finanzen? Erklärt: https://www.finanzen-erklaert.de/asset-allokation-strategie-vs-buy-and-hold/

      Viele Grüße,
      Chris

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    Richtig gut! Das ist fundiert, super hergeleitet und die Ergebnisse sind spannend. Es wäre echt schön, wenn wir die komplette Liste der Ergebnisse als Download bekämen, nicht nur die Top10 – herzlichen Dank!

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        Hi Chris,
        vielen Dank für den hilfreichen Artikel. Wie „grandmaster.juggle@googlemail.com“ schon gefragt hat, habe ich den Source Code auf github unter der Adresse https://github.com/christophmassmann auch nicht gefunden. Kannst Du uns sagen, ob der Code noch irgendwo anders gehostet wird? Gibt es ähnlichen Code von anderen Autoren? Worauf könnten wir ausweichen?
        Ich freue mich über Deine Nachricht.
        Viele Grüße Gisela

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    Hallo Chris,

    vielen Dank für deine spannende Analyse. Ich hätte mich gerne mit deinem Code beschäftigt, aber leider werde ich über deinen Github Link nicht fündig :(. Kannst du mir hier vielleicht weiterhelfen, bitte? Das wäre super 🙂

    Liebe Grüße

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    Ist das Gewicht der USA nach Marktkapitalisierung nicht knapp 60 % und nicht nur 46 %? Zumindest wenn man den FTSE Global All Cap Index zu Grunde legt bzw. darauf laufende Fonds wie den Vanguard Total World Stock ETF. Damit würde Beck die USA doch deutlich untergewichten.

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      Hi,

      vielen Dank für Dein Feedback!

      Du hast natürlich Recht, das war etwas missverständlich formuliert, weil ich im ganzen Artikel Beck’s Portfolio mit einem 70-30-Portfolio (https://dev-investor.de/geld-wissen/portfolio-beispiel/ ) vergleiche. Ich habe das jetzt versucht, etwas klarer zu formulieren.

      Ich habe im Ergebnis nun außerdem noch ein Portfolio nur aus dem MSCI ACWI mit dazugenommen, d.h. dies zeigt jetzt die tatsächliche Marktkapitalisierung der USA v. 58%.

      Viele Grüße,
      Chris

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