Ich bin ein großer Fan von dem Unternehmer und Mathematiker Dr. Andreas Beck. Er stellt mit seiner nüchternen und wissenschaftlich fundierten Art ähnlich wie Dr. Gerd Kommer extrem gute Inhalte kostenlos zur Verfügung.
In diesem Artikel möchte ich mir das ultrastabile Portfolio von Andreas Beck genauer anschauen und analysieren.
Mit Dr. Andreas Beck existieren bereits einige interessante Videos im Netz. Ich möchte hier nur einzelne exemplarisch zum Einstieg nennen:
- Kritische Betrachtung zu Investments in Immobilien v. 15.12.2020
- “Die Krise ist vorbei” v. 1.12.2020 und In der Krise rational handeln v. 22.3.2020
- Fehler beim ETF-Kauf v. 18.2.2021
- Fragen an einen Portfolio-Manager v. 23.4.2021
- Beck & Kommer über den Berliner Mietendeckel v. 2.5.2021
Was ist das ultrastabile Portfolio von Andreas Beck?
Seine neueste, sehr lesenswerte Publikation ist das Whitepaper “Erfolgreich wissenschaftlich investieren”, das kostenlos als PDF auf seiner Website zum Download angeboten wird.
Die Strategie von Dr. Andreas Beck sind ultrastabile Portfolios, diese drehen sich um die Frage:
„Was ist das risikoärmste Wertpapierdepot für sehr lange Fristigkeiten?“
Grob zusammengefasst wird mit dem ultrastabilen Portfolio von Dr. Andreas Beck die Strategie verfolgt, möglichst breit in den Aktienmarkt (“Welt AG”) zu investieren und in Nicht-Krisenzeiten 20% Liquiditätspuffer in sicheren Staatsanleihen zur Verfügung zu halten. Die Gewichtung weicht mittels eines Gleichwertindex von einer reinen Gewichtung nach Marktkapitalisierung ab, um eine Konzentration auf Einzelwerte zu vermeiden und stärker nach dem Anteil der Unternehmensgewinne zu gewichten.
Bis hierhin ähnelt die Strategie meiner Meinung nach noch relativ stark dem bekannten Weltportfolio-Ansatz von Gerd Kommer.
In Krisenzeiten wird dann allerdings nicht das Risiko durch den Verkauf von Aktien verringert, sondern im Gegenteil antizyklisch je nach Marktphase bis zu 100% der gehaltenen Staatsanleihen investiert. Dies wird damit begründet, dass gerade in der Krise die Eigenkapitalkosten der Unternehmen steigen und sich damit langfristig attraktivere Renditechancen ergeben.
Im klassischen Portfoliomanagement ist es dagegen in der Regel so, dass in Marktphasen mit einer hohen Volatilität der Aktienanteil reduziert wird, um das Risiko zu senken. Dies hat man in der Corona-Krise im März 2020 auch sehr schön zum Beispiel am Verhalten des Riester-Anbieters fairr sehen können.
Eine Krise soll dabei dadurch gekennzeichnet sein, dass Investoren den Unternehmen kein Eigenkapital bzw. nur zu deutlich höheren Kosten zur Verfügung stellen. Die Krise wird dabei nicht antizipiert oder vorhergesagt, sondern diese kann über konkrete KPIs wie der Volatilität und dem Spread zwischen A- und BBB-Anleihen gemessen werden.
Zur ausführlichen Funktionsweise ultrastabiler Portfolios sei an dieser Stelle auf die entsprechende Kurzstudie „Ultrastabilität – Anlagestrategie für die Lange Frist“ vom Institut für Vermögensaufbau und Index Capital, 2019 verwiesen.
Global Portfolio One Kritik
Konkrete, praktische Umsetzung findet sich diese Theorie in Andreas Beck’s Fonds „Global Portfolio One“ (WKN: A2PT6U).
Als Kritik am GPO könnte man einerseits die um ca. 0,5 Prozentpunkte höheren Kosten im Vergleich zu einem – relativ einfachen – Selbstbau des Portfolios anführen. Auch wenn der Betrag erst einmal nicht hoch klingt, wissen wir doch, dass dies über einen entsprechend langen Anlagehorizont durchaus zu stattlichen Summen werden kann.
Allerdings muss man hierbei natürlich auch berücksichtigen, dass man selbst das entsprechende Rebalancing durchführen und in der Lage sein muss, regelbasiert antizyklisch zu investieren.
Ein weiterer Kritikpunkt, der natürlich allgemein für durch aktive Fondsmanager verwaltete Fonds gilt: die Zusammensetzung und Strategie können sich jederzeit ändern. Dies hat sich auch kürzlich in der Aufnahme eines kleinen Gold-Anteils gezeigt. Der Fondsmanager kann im Rahmen der Fondsrichtlinien beliebig über die Zusammensetzung entscheiden. Wem das nicht gefällt, der muss das Portfolio selbst nachbauen.
Aufgrund der relativen kurzen Laufzeit des GPO (zumindest für den Retail-Fonds) gibt es natürlich auch noch relativ wenige Krisen, in denen der Fonds seine Stärken ausspielen konnte.
Portfolio-Analyse
In dem Portfolio in seinem aktuellen Whitepaper kombiniert Dr. Andreas Beck diverse Indizes auf den S&P 500, MSCI USA, MSCI Europe, MSCI Japan, MSCI Emerging Markets sowie auf Small Caps für den risikobehafteten Teil (“die Welt AG”) seines Global Portfolio One für Nicht-Krisenzeiten (Stand 31.12.2020, siehe Whitepaper “Erfolgreich wissenschaftlich investieren”, Dr. Andreas Beck, Seite 26).
Zur weiteren Analyse bilden wir dieses Portfolio als Erstes in R
ab. Hierzu laden wir die einzelnen Index-Daten von der jeweiligen Website der Anbieter. Glücklicherweise stehen diese in allen Fällen kostenlos zur Verfügung. Auf den genauen R
-Code zum Download und Einlesen der Daten von den jeweiligen Websites gehe ich hier der Einfachheit halber nicht ein, ihr findet den kompletten Source Code aber auf Github.
riskyShare <- 0.795 # share of risky assets in portfolio
portfolio <- bind_rows(
vanguard_sp500 %>% mutate(Weight = 0.124/riskyShare*Weight),
sp_500 %>% mutate(Weight = 0.092/riskyShare*Weight),
msci_usa %>% mutate(Weight = 0.098/riskyShare*Weight),
russell_2000 %>% mutate(Weight = 0.064/riskyShare*Weight),
msci_canada %>% mutate(Weight = 0.028/riskyShare*Weight),
msci_europe %>% mutate(Weight = 0.066/riskyShare*Weight),
europe_stoxx600 %>% mutate(Weight = 0.073/riskyShare*Weight),
msci_europe_small_cap %>% mutate(Weight = 0.027/riskyShare*Weight),
msci_japan %>% mutate(Weight = 0.07/riskyShare*Weight),
msci_japan_small_cap %>% mutate(Weight = 0.011/riskyShare*Weight),
ftse_asia %>% mutate(Weight = 0.037/riskyShare*Weight),
msci_emerging_markets %>% mutate(Weight = 0.105/riskyShare*Weight),
)
Außerdem lege ich noch unser Beispiel-Portfolio als Referenz an, um die beiden Portfolios später miteinander vergleichen zu können.
Im Folgenden möchte ich dieses ultrastabile Portfolio nun etwas genauer hinsichtlich 2 Aspekten untersuchen:
- Gibt es Überschneidungen oder eine Konzentration auf einzelne Aktien im Portfolio?
- Welche Länder sind wie stark gewichtet?
Als Hinweis sei vorab gesagt, dass sich das Portfolio natürlich auch mit jedem anderen beliebigen ETF auf diese Indizes nachbilden lässt. Einige kurze Checkliste für ETFs habe ich bereits in einem weiteren Artikel behandelt.
Überschneidungen im Global Portfolio One von Andreas Beck
In einem meiner vorherigen Blog-Posts zum Thema Überschneidungen prüfen haben wir zusammen ein R
-Script entwickelt, das die Überschneidungen in einem Portfolio analysieren kann. Lies Dir den Artikel am besten noch einmal durch und lade die Libraries und die Funktionen in RStudio.
Wenden wir dieses Script also einmal auf das Global Portfolio One von Dr. Andreas Beck an:
basePortfolio %>%
select("ISIN", "Weight", "Name") %>%
rename("Base Weight" = "Weight") %>%
full_join(portfolio, by="ISIN") %>%
filter(ISIN != "-") %>%
group_by(ISIN) %>%
summarise(Weight = sum(Weight, na.rm = TRUE), "Base Weight" = first(`Base Weight`), Name = first(Name.x), Count=n(), Index = toString(sort(unique(Index)))) %>%
mutate(Diff = `Weight`-`Base Weight`) %>%
arrange(desc(abs(Diff)))
Als Ausgabe erhalten wir die Gewichtungen der einzelnen Aktien im Portfolio im Vergleich zu unserem 70-30 Referenz-Portfolio:
# A tibble: 6,991 x 7
ISIN Weight `Base Weight` Name Count Index Diff
<chr> <dbl> <dbl> <chr> <int> <chr> <dbl>
1 US0378331005 1.46 2.81 APPLE INC 2 MSCI USA, S&P 500 -1.35
2 TW0002330008 0.881 2.00 TAIWAN SEMICONDUCTOR MFG. 1 MSCI EM -1.12
3 KYG875721634 0.817 1.86 TENCENT HLDGS. 1 MSCI EM -1.04
4 US5949181045 1.21 2.19 MICROSOFT CORP 2 MSCI USA, S&P 500 -0.978
5 US01609W1027 0.747 1.70 ALIBABA GR. 1 MSCI EM -0.950
6 US0231351067 0.955 1.78 AMAZON COM INC 2 MSCI USA, S&P 500 -0.823
7 KR7005930003 0.549 1.25 SAMSUNG ELECTRONICS 1 MSCI EM -0.698
8 US30303M1027 0.445 0.84 FACEBOOK CLASS A INC 2 MSCI USA, S&P 500 -0.395
9 US02079K1079 0.430 0.812 ALPHABET INC CLASS C 2 MSCI USA, S&P 500 -0.382
10 US02079K3059 0.434 0.805 ALPHABET INC CLASS A 2 MSCI USA, S&P 500 -0.371
# … with 6,981 more rows
Wir sehen im Ergebnis in der Spalte Diff, dass vor allem die nach Marktkapitalisierung hoch bewerteten Aktien wie Apple, Microsoft, Amazon, Alibaba und Tencent ein geringeres Gewicht als in unserem Referenz-Portfolio (Spalte Base Weight) erhalten. Der Anteil von Apple z.B. verringert sich im Global Portfolio One um 1.35%.
Durch die Kombination der einzelnen Indizes macht ein Vergleich auf Ebene der Einzel-Aktien wie man sieht nur bedingt Sinn. Schauen wir uns daher im nächsten Schritt die Gewichtungen der einzelnen Regionen an.
Verteilung der Regionen im Vergleich zu BIP und Marktkapitalisierung
Ein wesentliches Merkmal des Portfolios von Dr. Andreas Beck ist, dass die Verteilung nach Regionen nach einem Gleichwertindex erfolgt, das die marktkapitalisierte Zusammensetzung des globalen Aktienmarktes nivelliert. Die genaue Vorgehensweise dazu wird in der oben verlinkten Kurzstudie beschrieben.
Im Folgenden möchte ich daher einmal die Portfolio-Gewichtungen des ultrastabilen Portfolios mit der Gewichtung nach BIP und nach Marktkapitalisierung vergleichen. Auch hierfür habe ich bereits Code in R
erstellt, den ihr vorab noch einmal ausführen solltet.
Für das Global Portfolio One sieht die Analyse mit Verknüpfung der BIP-Daten der Weltbank wie folgt aus.
Wir kommen zu dem Ergebnis in 2 Schritten, indem wir zuerst für das ultrastabile Portfolio sowie für unser 70-30 Referenz-Portfolio die Gewichte pro Region berechnen:
portfolio_weights <- portfolio %>%
select(Country, `Weight`) %>%
group_by(Country) %>%
summarise(EEM = sum(`Weight`, na.rm = TRUE)) %>%
filter(EEM > 0)
basePortfolio_weights <- basePortfolio %>%
select(Country, `Weight`) %>%
group_by(Country) %>%
summarise(base_percent = sum(`Weight`, na.rm = TRUE)) %>%
filter(base_percent > 0)
Für den Vergleich mit der reinen Marktkapitalisierung nehmen wir zusätzlich noch ein simples MSCI ACWI Portfolio:
acwiPortfolio_weights <- acwiPortfolio %>%
select(Country, `Weight`) %>%
group_by(Country) %>%
summarise(mcp_percent = sum(`Weight`, na.rm = TRUE)) %>%
filter(mcp_percent > 0)
Anschließend verknüpfen wir diese 3 Gewichts-Matrizen mit den BIP-Daten der Weltbank über eine Join-Operation:
left_join(portfolio_weights, basePortfolio_weights, by="Country") %>%
left_join(acwiPortfolio_weights, by="Country") %>%
select("Country", "EEM", "base_percent", "mcp_percent") %>%
left_join(world_bank_data, by="Country") %>%
group_by(Country) %>%
summarise(EEM = sum(EEM), gdp_percent = sum(gdp_percent), base_percent = sum(base_percent), mcp_percent = sum(mcp_percent), country_name = first(`Country Name`)) %>%
mutate(diff_gdp = (EEM - gdp_percent)/gdp_percent*100, diff_mcp = (EEM - mcp_percent)/mcp_percent*100) %>%
arrange(desc(EEM))
Et Voila – das Ergebnis der tatsächlichen Gewichtung im Global Portfolio One (Spalte EEM) vs. der Gewichtung des jeweiligen Landes nach BIP (Spalte gdp_percent) vs. der Gewichtung nach Marktkapitalisierung (Spalte mcp_percent):
# A tibble: 66 x 8
Country EEM gdp_percent base_percent mcp_percent country_name diff_gdp diff_mcp
<chr> <dbl> <dbl> <dbl> <dbl> <chr> <dbl> <dbl>
1 USA 46.9 24.4 46.6 58.0 United States 92.0 -19.2
2 JPN 10.2 5.79 5.10 6.22 Japan 75.7 63.5
3 GBR 4.81 3.22 3.02 3.71 United Kingdom 49.2 29.6
4 CHN 4.60 16.3 10.5 4.13 China -71.8 11.5
5 CAN 3.55 1.98 2.22 2.81 Canada 79.6 26.4
6 KOR 3.36 1.88 4.13 1.76 Korea, Rep. 79.2 91.0
7 FRA 3.20 3.09 2.37 2.94 France 3.38 8.76
8 CHE 2.92 0.801 1.94 2.42 Switzerland 264. 20.5
9 DEU 2.83 4.40 2.01 3.11 Germany -35.7 -9.06
10 AUS 1.86 1.59 1.50 1.83 Australia 17.2 1.84
# … with 56 more rows
Die Liste ist absteigend sortiert nach dem absoluten Gewicht im ultrastabilen Portfolio (Spalte EEM).
D.h. beispielsweise die USA sind im ultrastabilen Portfolio +92% stärker gewichtet gegenüber der reinen BIP-Gewichtung und entsprechen daher eher einer Gewichtung in unserem 70-30 Beispiel Portfolio (Spalte base_percent). Gegenüber der reinen Marktkapitalisierung (Spalte mcp_percent) ist die USA im ultrastabilen Portfolio um 19.2% unterrepräsentiert (Spalte diff_mcp).
Interessant ist auch, dass das Exposure für Japan mit 10,2% deutlich stärker als nach BIP gewichtet ist und auch stärker als nach Marktkapitalisierung (+63,5%).
China ist in Beck’s Portfolio entsprechend der Marktkapitalisierung gewichtet und gegenüber einer BIP-Gewichtung (-71,8%) und unserem 70-30 Portfolio untergewichtet.
Im Großen und Ganzen entspricht dies ja auch genau dem Ansatz, des ultrastabilen Portfolio von Andreas Beck (Kurzstudie, Seite 15):
Das Aktienportfolio orientiert sich grundsätzlich am MSCI All Country World Investable Market Index, wobei das ultrastabile Aktienportfolio die Marktkapitalisierung der einzelnen Regionen um deren aktuellen Bewertung im Sinne des Kurs/Gewinn-Verhältnisses und des Kurs/Buchwert-Verhältnisses korrigiert, so dass sehr hoch bewertete Kapitalmärkte wie z. B. aktuell der Amerikanische etwas untergewichtet und Märkte mit niedrigeren Bewertungen wie z. B. aktuell der Europäische etwas übergewichtet werden und insgesamt eine ausgewogenere regionale Zusammensetzung entsteht, als dies bei einer reinen Gewichtung nach der Marktkapitalisierung der Fall wäre.
Und jetzt ihr: wie sind Eure Erfahrungen mit dem Global Portfolio One (GPO)? Warum habt ihr Euch dafür oder dagegen entschieden?
Schreibt es mir gerne in die Kommentare unten.
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