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Kleinanleger vs. Profis an der Börse

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  • Lesezeit 5 Min.
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Chris

Dipl.-Ing., Developer, #Buy-and-Hold #ETF #Investor, Freelancer

Informationen

Vor kurzem habe ich einen interessanten Artikel zum Thema Automatisierung gelesen und mir dazu einige Gedanken gemacht, warum es für uns Laien (auch als „Kleinanleger“ bezeichnet) mit Aktien quasi nicht möglich ist, einen Profit gegenüber Profis an der Börse zu erzielen.

In einem älteren Artikel habe ich bereits erläutert warum Aktien langfristig steigen. Trotzdem gibt es viele Privatanleger, die meinen, durch die geschickte Auswahl von Einzelaktien in Kombination mit gutem Market-Timing kurzfristig einfach Gewinne machen zu können und den Markt zu schlagen.
Warum dies aus meiner Sicht nicht so einfach ist, möchte ich im Folgenden kurz erklären.

Die Ausgangslage an der Börse

Prinzipiell stehen sich an der Börse 2 Parteien gegenüber:

  • wir Kleinanleger (aka Laien oder auch als “Retail-Investoren” oder „Privatanleger“ bezeichnet) und
  • die Profis, d.h. institutionelle Anleger wie Pensionsfonds, Versicherungen, große Family Offices, etc.

Dieses Konstrukt muss man sich immer wieder klar machen. Dabei ist natürlich auch logisch, dass die Profis zum einen mit ganz anderen Budgets als Kleinanleger an der Börse operieren und zum anderen auch viel mehr Möglichkeiten der Analyse und des Know-Hows zur Verfügung haben.

In dieser Konstellation als Kleinanleger zu glauben, z.B. durch einen Informationsvorsprung einen Vorteil beim Aktienkauf zu haben, ist leider naiv. Die Profis machen den ganzen Tag nichts anderes, als an der Börse zu traden. Das heißt natürlich absolut nicht, dass diese nicht auch falsch liegen können. Im Gegenteil, das hat man ja in jüngerer Vergangenheit sehr eindrucksvoll im Rahmen der Wirecard-Insolvenz gesehen.

Abgesehen von (verbotenem) Insiderhandel, gibt es in liquiden Märkten aber nahezu keine Information, die nicht sofort bei Bekanntwerden in die Aktienkurse eingepreist ist, d.h. es handelt sich um sogenannte informationseffiziente Märkte. Ich kann also den allerbesten der besten Börsenbriefe abonniert haben und trotzdem werde ich keinen heißen Aktien-Tipp darin finden, der nicht schon zig anderen ebenfalls bekannt ist (abgesehen davon, dass diese Information natürlich im selben Moment auch an etliche andere Empfänger geht 😉).

Die Tools der Profis

Welche ausgefeilten Tools von den Profis dabei zum Einsatz kommen, zeigt eindrucksvoll dieser Artikel über den Einfluss von Maschinen auf die Aktienkurse. Zusammengefasst heißt es darin, dass man sich früher mühsam die Börsenberichte einzelner Unternehmen besorgen und im Detail anschauen musste. Das war viel Analysearbeit und zu diesen Zeiten war es durchaus möglich, einen Informationsvorsprung durch schnelles Handeln und kluge Ideen zu erhalten.
In unserer heutigen, technologisierten Welt allerdings haben Computer das Analysieren und Traden übernommen. Ausgeklügelte Software-Programme analysieren in Millisekunden die zum Download zur Verfügung gestellten Börsenberichte, Abschlussbilanzen und Adhoc-Meldungen von börsengelisteten Unternehmen. Mit Hilfe von künstlicher Intelligenz werden Entscheidungen abgeleitet und dann entsprechend getraded.
Heutzutage treffen automatisierte Systeme in 80-90 % der Fälle die Kauf- oder Verkaufsentscheidung.

Laut einer Studie des National Bureau of Economic Research werden Finanzreports von Unternehmen aus den USA heute deutlich öfter von Bots heruntergeladen als von Menschen: waren es 2003 noch 39 % Bot-Downloads sind es 2016 bereits 78 %!

Im Umkehrschluss heißt diese Erkenntnis für Unternehmen aber auch, dass die Berichtsdokumente immer mehr für Maschinen als für Menschen optimiert werden. D.h. lesbare Zeichensätze, Tabellen abgesetzt vom Text, positive Wörter und sicherstellen, dass alle Informationen enthalten sind, um die Zahlen zu interpretieren.

Beispiel: GameStop – Kleinanleger schlagen Profis an der Börse

Bei den Kurskapriolen der GameStop Aktie im Januar 2021 vermutet man, dass ein Teil auf Bots und geschicktes Agieren von Profis zurückzuführen sein dürfte. Auch wenn das Narrativ “David gegen Goliath” – die Kleinanleger gegen die großen Profis von Hedge-Fonds – an der Börse geschickt verbreitet wurde, haben etliche Hedge-Fonds sicherlich extrem gut an den Kurssprüngen verdient.
Algorithmen mit künstlicher Intelligenz erlauben es heutzutage, eine Vielzahl von individuellen Datensätzen wie Indexstände, Social Media Aktivitäten und andere verfügbare Datenquellen zusammenzubringen und in sekundenschnelle automatisiert auszuwerten. Kombiniert mit natürlicher Spracherkennung (NLP, Natural Language Processing) und Financial Predicting Tools lassen sich diese Informationen alle verarbeiten und tausende wahrscheinlicher Szenarien und die entsprechenden Auswirkungen berechnen.
Selbst aktive Kleinanleger, die alle paar Minuten nervös auf F5 klicken, um das Forum r/wallstreetbets zu aktualisieren, sind dabei sicherlich viel zu langsam.

Spekulieren vs. Investieren

Kurzfristig spekulativ kannst Du meiner Meinung nach also als Kleinanleger an diesem extremst schnellen Spiel nicht mitspielen. Mit einem langfristigen Investment-Horizont von 10 Jahren und mehr sieht dies natürlich anders aus, wenn man sich entsprechende Szenarien und Erwartungen für einzelne Unternehmen erstellt, diese mit Eigenkapital unterstützt und somit an der Wirtschaftsleistung dieses Unternehmens partizipiert.
Das Risiko der Einzel-Anlage bleibt aber natürlich in diesem Fall.

ETF Buy&Hold-Investoren müssen sich dagegen keine Gedanken um einen Informationsvorsprung von Profis gegenüber Kleinanlegern an der Börse machen: sie kaufen den Markt als Ganzes und überlassen das Timing und aktive Trading den Profis.

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